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Der Antiautoritäre Aufstand: Populismus als entgleiste Aufklärung

Kurzthese

Der Populismus wird immer wieder als „autoritäre Bewegung“ verstanden – bzw. eigentlich missverstanden. Denn vergleicht man ihn wirklich systematisch mit den autoritären Bewegungen der Vergangenheit, dann wird deutlich, dass er intellektuell anders funktioniert: nämlich eher als grundsätzlich misstrauende, tendenziell paranoide und antiautoritäre Bewegung. Im Zentrum des Populismus steht eine Ideologie entgleister Aufklärung.

Beschreibung

Keine andere Beschreibung zum Wesen des Rechtspopulismus dürfte so weit verbreitet und so populär sein, wie jene, es handle sich hierbei um eine autoritäre Bewegung. Damit wird der zeitgenössische Populismus in Beziehung gesetzt zu den autoritären Bewegungen der Vergangenheit: klassischer Konservatismus, Faschismus, auch Linksautoritarismus. Aber ganz so einfach ist es nicht. Viele Aspekte in der Mentalität des weltweit grassierenden Rechtspopulismus zielen in eine entgegengesetzte Richtung. Mögen die Ziele auch letztlich in einer homogeneren und hierarchischeren Gesellschaft bestehen: Die Populisten von heute haben die Weltsicht kritischer Rationalität übernommen, benutzen Argumentationsfiguren wie Mündigkeit, Emanzipation, beanspruchen ebenfalls wie viele andere soziale und politische Bewegungen die Idee individueller Selbstermächtigung für sich. Sie sind, kurz gesagt, die verzogenen Kinder einer falsch verstandenen Aufklärung: Jeder Autorität misstrauend, keinen anderen Anspruch gelten lassend als die eigene gefühlte und ergoogelte Wirklichkeit, ist der Wege zur Paranoia nie sehr weit. Populismus – das ist in Wahrheit daher eine antiautoritäre Revolte.