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Vom Online-Buchhändler zum Städtebauer – Amazons neue Rolle als Urban Player

Kurzthese

Amazon verändert die Städte! Für sein neues Hauptquartier HQ2 spielt das Unternehmen Kommunen gegeneinander aus, an seinem Stammsitz in Seattle dominiert es bereits die lokale Wirtschaft. Mit der Übernahme der Bioladenkette Whole Foods, kassenlosen Supermärkten und Pop-Up Stores drängt der Onlinehändler in die Innenstädte, für deren Niedergang er selber mitverantwortlich ist. Was ist von Amazons Stadtambitionen zu halten, angesichts monopolistischer Strukturen und prekärer Arbeitsbedingungen?

Beschreibung

Jeff Bezos, Amazon-Gründer und reichster Mensch der Welt, rief 2017 den größten Städtewettbewerb aus, den die Welt bis dato erlebt hat. Zu „gewinnen“ gab es den Standort für Amazons zweiten Firmensitz HQ2 und 50.000 Jobs.

Die Resonanz war überwältigend!

Mehr als 200 Städte folgten dem Aufruf. Sie gaben nicht nur Standortfakten zu Demografie, Infrastruktur und Wirtschaft preis, sondern überboten sich auch mit Steuervergünstigungen, finanziellem Beistand und weiteren Anreizen.

Ende 2018 erklärte Amazon überraschend, nicht einen, sondern gleich zwei neue Firmensitze zu errichten: In Long Island City (Queens, NYC) und in Crystal City, einem Vorort von Washington DC, sollten jeweils 25.000 Arbeitsplätze entstehen - die Hälfte der ursprünglich versprochenen Jobs. Die Gewinnerstädte stellten dafür Suventionen von über 2 Mrd. Dollar in Aussicht.

In New York demonstrierten BürgerInnen gegen die Ansiedlung, Amazon zog seine Pläne schließlich zurück.

Auch andernorts ist Amazon als Stadtmacher aktiv. An ihrem Stammsitz in Seattle belegt die Firma 20% der Büroflächen. Durch die Übernahme der Bioladenkette Whole Foods hat der Onlinehändler den Schritt ins Offline-Geschäft gewagt. Neben Sojamilch und Tofu liegen Alexa-Lautsprecher im Regal, Kunden können bestellte Pakete im Laden abholen. Amazon betreibt auch kassenlose Supermärkte, liefert Lebensmittel aus und experimentiert mit Pop-Up Stores, wie zuletzt am Kurfürstendamm.

Amazons Evolution vom Online-Buchhändler zum Städtebauer wirft grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von Wirtschaft und Stadtentwicklung auf. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, für den Niedergang der Innenstädte mitverantwortlich zu sein, die Arbeitsbedingungen gelten als schlecht. Was also ist von Amazons wachsender Rolle als städtischer Akteur zu halten?

In Berlin werden die Campuspläne von Google, Siemens und Zalando ebenfalls kontrovers diskutiert. Welche Lehren ermöglicht die Kontroverse um Amazon für den Umgang mit Tech-Firmen in der Hauptstadt?